Weidelgras-Weißkleeweide

 

Die charakteristischen Weidearten sind im Gegensatz zu den typischen Wiesenarten gut an Verbiss und Tritt angepasst. Die Weidelgras-Weißkleeweide ist am weitesten verbreitet. Diese Pflanzengesellschaft kennzeichnet produktives Grünland auf nährstoffreichen Standorten, auch Fettweide genannt. Um artenreiche Bestände zu entwickeln, ist es notwendig, auf Düngung zu verzichten und den Viehbesatz zu reduzieren.

 


Im Gegensatz zu den maschinell bearbeiteten Wiesen wird der Aufwuchs auf Weiden von Nutztieren wie Rindern, Schafen oder Pferden abgefressen (= verbissen). Dadurch bleiben die Pflanzen nach Auftrieb der Tiere niedrigwüchsig.

Bei einer naturschonenden, extensiven Nutzung entstehen je nach Nährstoffgehalt und Bodenfeuchte der Standorte vielfältige Vegetationsmosaike, die sich aus verschiedenen Pflanzengesellschaften zusammensetzen. Das Spektrum reicht von Fettweiden, Magerweiden und Flutrasen bis hin zu Raritäten wie Kleinseggenrieden.

 

Artenreiche Weidegesellschaften auf feuchten bis nassen oder nährstoffarmen Standorten sind inzwischen selten geworden und in NRW gesetzlich geschützt. Sie beherbergen zahlreiche gefähr‐ dete Pflanzenarten.


Die Artenvielfalt auf einer Weide hängt wesentlich von der Tierzahl und der Tierart ab. Auf extensiven Weiden sind auf mageren Standorten bis zu zwei Tiere und auf nährstoffreichen Standorten maximal vier Tiere pro Hektar vorgesehen. Nicht jedes Nutztier eignet sich für jeden Standort, da das Fressverhalten einen entscheidenden Einfluss auf die Erhaltung und Entwicklung bestimmter Weidegesellschaften hat.

Zum Beispiel fördern Pferde bei extensiver Nutzung die Geest-Rotschwingelweide auf leichten Sandböden. Auf feuchten bis nassen Standorten sind Rinder aus naturschutzfachlicher Sicht bevorzugt, da sie nicht so wählerisch sind und auch Seggen und Binsen fressen.

Feuchte Rinderweide
Magere Pferdeweide auf Sand (NSG Wildpferdebahn, Dülmen-Merfeld).
Extensive feuchte Rinderweide.

 

Landschaften, Tiere und naturgerechte Haltung

NSG Brink (Coesfeld): Landschaftsbild verschwunden. In der modernen Landwirtschaft spielen diese traditionellen Weideeinrichtungen keine große Rolle mehr. Neben ihrer kulturhistorischen Bedeutung sind sie für den Naturschutz weiterhin wertvoll. Die Weidehütten bieten zum Beispiel gute Nistmöglichkeiten für bedrohte Arten wie den Steinkauz.
NSG Hirschpark (Nordkirchen): Diese Mutterkuhherde beweidet ein 50 Hektar großes, strukturreiches Grünlandareal mit einem Viehbesatz von etwa einem Tier pro Hektar (ca. Fußballfeldgröße). Im Vergleich dazu teilen sich auf Intensivweiden vier oder mehr Tiere einen Hektar. Durch die extensive Beweidung entstehen vielfältige Biotopstrukturen, die zu einer hohen Artenvielfalt bei Flora und Fauna führen. Neben der geringen Beweidungsdichte sind der Verzicht auf Düngung und Pestizide entscheidende Faktoren für den Artenreichtum.
Depot Visbeck (Dülmen): Robuste Rinderrassen wie zum Beispiel das Taurusrind eignen sich besonders für Naturschutz-Großprojekte. Sie können das ganze Jahr über bei jeder Witterung draußen bleiben und sind bezüglich der Futterqualität sehr genügsam. Im Kreis Coesfeld sind sie für das Beweidungsprojekt „Westfalens Wilder Westen“ in den Borkenbergen vorgesehen. Das Zuchtvorbild ist der Auerochse, eine ausgestorbene Wildform des Hausrindes.
NSG Wildpferdebahn Merfelder Bruch (Dülmen): Mehr als 400 Dülmener Wildpferde weiden ganzjährig in der Heubachniederung. Die golfrasenmäßig abgeweideten Grünlandflächen sind in weniger stark gedüngten Bereichen aber vergleichsweise artenreich ausgebildet. Insbesondere auf nicht gedüngten Böden können sich durch Beweidung mit Pferden wertvolle Magerweiden wie die Geest-Rotschwingelweide entwickeln.

NSG Tiergarten (Nordkirchen): Wiesen und Weiden sind bei extensiver Bewirtschaftung sehr blütenreich. Beide Nutzungsformen bringen eine unterschiedliche, aber angepasste und jeweils sehr artenreiche Flora hervor. Im Vergleich zu den Wiesen haben die Weiden den ganzen Sommer über etwas im Angebot. Auf Wiesen wird die Vegetation durch die Mahd relativ abrupt ein- oder zweimal zurückgesetzt. Auf Weiden nehmen die Tiere die Vegetation aber nur abschnittsweise zurück.
NSG Hirschpark (Nordkirchen): Hier ist die typische Struktur einer Rinderweide zu sehen: An den sogenannten Geilstellen, wo die frischen Kuhfladen liegen, beginnt nach deren Zersetzung die Vegetation wieder zu wachsen. Diese Stellen werden erneut von den Rindern abgeweidet. So entsteht ein Mosaik aus kurzen und hochgewachsenen Bereichen.
Je nach den Nährstoff- und Feuchtebedingungen einer Weide bilden sich strukturreiche Vegetationsmosaike. Die Grünlandgesellschaft im Hintergrund ist für die Rinder attraktiv und wurde abgeweidet. Nun sind weniger schmackhafte Bereiche wie das Feuchtgrünland im Vordergrund übriggeblieben. Die Rinder fressen die Gräser, verschmähen jedoch die stachelige Sumpfkratzdistel (Cirsium palustre).
NABU­-Fläche Westhellen (Billerbeck): Diese extensive Weide zeichnet sich durch eine hohe Strukturvielfalt aus: Neben Einzelgehölzen und Hecken gibt es auch ein Kleingewässer. Solche Weidetümpel beherbergen oft gefährdete Arten, wie hier das vom Aussterben bedrohte Fischkraut (Groenlandia densa). Die Weidetiere spielen eine wichtige Rolle bei der Erhaltung, denn ohne die Beweidung wäre das Gewässer längst verlandet und verbuscht.

 

Die Hörstation erzählt spannende Geschichten über zwei seltene Grünlandarten im Kreis Coesfeld:

  1. Lungenenzian (Gentiana pneumonanthe) – eine Feuchtwiesenart, die vom Aussterben bedroht ist und unter dem Klimawandel leidet.

     Hörspiel: Lungen-Enzian, Schmetterling und Ameise (MP3, 3 MB) 

  2. Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera) – eine Orchideenart, die vom Klimawandel profitiert und sich derzeit im Kreis Coesfeld ausbreitet.

     Hörspiel: Bienen-Ragwurz - eine Insektentäuschblume auf Ausbreitungskurs (MP3, 2 MB) 

 

Mehr Infos: Ausstellung “Wo die wilden Pflanzen leb(t)en”